Montag, 24. August 2015

Virtuelle Trophäen statt Pokalen: Was man gewinnt, wenn man nicht mehr gewinnt.

Echte Rennen bringen echte Sieger und echte Pokale. Fährt man keine Rennen mehr, gibt es auch nichts mehr zu gewinnen. Keine Pokale, keine Fleischplatten und auch keine lustigen Holzschnitzereien des örtlichen Kirmesrennen-Sponsors. Eigentlich zumindest. Anders ist das, wenn man das echte Leben mit dem virtuellen mischt. Und sich nicht mehr morgens um 09.00 Uhr irgendwo in irgendeinem Kaff an eine schnell auf die Straße gepinselte Startlinie stellt, sondern einfach auf Enter drückt, nachdem man sich bei Strava eingeloggt hat. 1200 Kilometer in vier Wochen, 11.000 Höhenmeter in drei oder eine Fahrt von 150 Kilometern am Stück? Herausforderung angenommen. Doch kein Startschuss fällt, kein "Highway to Hell" dröhnt aus irgendwelchen Boxen, kein Gegner weit und breit, an dem man sich festbeißen kann. Nichts, aber auch gar nichts erinnert an ein Rennen. Dennoch stellen sich Monat für Monat tausende von Usern jeder nur denkbaren Herausforderung. Um sich am Ende eins dieser eigentlich total albernen virtuellen Trophäen ins Palmares schreiben zu können. Selbst habe ich auch schon jede Menge gesammelt, doch ein wirklicher Ersatz für Rennen sind sie für mich nicht, nicht mal ein Trostpflaster. Weil es nicht nur nichts zu gewinnen gibt. Sondern weil man auch nicht wirklich verlieren kann. Es fehlt der Anreiz, das letzte Körnchen aus sich raus zu kitzeln, der Geschmack von Blut im Mund auf den letzten zehn Kilometern, das Anfeuern der Betreuer und Zuschauer an der Strecke - es fehlt alles, was Radrennen ausmacht. Höchste Zeit, sich bald mal wieder an eine Startlinie zu stellen. Wir sehen und beim Rothaus Riderman.


Sonntag, 16. August 2015

Rainy Ride: Der Magstadt-Marathon.

"Ich halte das nicht mehr aus", "Zu heiß", "Bei dem Wetter Radfahren, spinnst du?" - so viel wie in den letzten Wochen wurde in Deutschland wohl selten über den Sommer gemotzt. Nun, der Sommer hatte heute ein Ende. Kalt war es, geregnet hat es, von der Sonne weit und breit keine Spur. Und die Motzer? Blieben in Massen zu Hause: "Zu regnerisch", "Zu kühl", "Ekliges Wetter".  Am Start des Magstadt-Marathons standen so nur ein paar hartgesottene Rennradler, entsprechend einsam war es auf der Strecke. Nix also mit schnellen Gruppen einmal durch den Schwarzwald blasen. Immerhin waren wir wenigstens zu dritt und so ganz langsam waren wir letztendlich auch nicht. Von der Landschaft hatten wir allerdings sehr wenig, die Berge verschwanden fast immer im dichten Nebel. Sonst war alles prima, die Strecke, die Verpflegung und zum Glück auch die Bratwurst im Ziel. Merci an Rainer und Joachim für die tolle Begleitung, hat Spaß gemacht endlich mal wieder eine Runde mit euch zu drehen.

Samstag, 15. August 2015

Von Meer zu Meer: einmal mit dem Rennrad über die Pyrenäen.

Südfrankreich Ende Juni, hier ist schon richtig Sommer. Blauer Himmel, kein Windhauch sorgt für Abkühlung, heiß glüht der Asphalt. Plötzlich ein Schatten, etwas Großes schiebt sich vor die Sonne, über uns kreist ein Geier. Ein bisschen früh für meinen Geschmack, wir sind erst kurz unterwegs und noch längst nicht so am Ende unserer Kräfte, als das wir als Vogelfutter taugen würden. Wir, das sind ein paar Guiltys, die sich vorgenommen haben, eine Woche lang die härtesten Pässe der Pyrenäen zu rocken. Gestartet sind wir vor zwei Tagen am Mittelmeer in Perpignan, noch müde und erschlagen von einer langen Zugfahrt von Frankfurt/Main. Mittlerweile sind die ersten Pässe längst überwunden, auch die Etappenorte Prades und Ax-les-Thermes liegen hinter uns. Jetzt sind wir kurz vor dem Plateau de Beille, dem ersten wirklichen Höhepunkt der diesjährigen Tour. Aus dem Bergzeitfahren klinke ich mich erst mal aus, ich will die Landschaft genießen und noch ein paar Fotos schießen. Aber bevor mich der Geier doch noch holt, gebe ich sicherheitshalber noch mal Gas und schließe wieder zum Rest der Truppe auf. Oben wartet unser Begleitfahrzeug – freiwillige Fahrer vor! – wir verpflegen uns und bemalen dann die Straße: unsere Begrüßung der Tour de France, die hier ein paar Tage später ebenfalls Station macht. Eine rasende Abfahrt und zwei Pässe später rollen wir in Seix ein. Dann Bier, Essen, Rosé, Essen, Rosé, Schlafen. Und freuen auf das was noch kommt: Col D’Aspet, Col de Mente, Col de Peyresourde, Col d’Azet, Col de Core, Aspin, Tourmalet, Hautacam und Aubisque. Alles über einsame Straßen, unbehelligt vom Verkehr, durch wahnsinnige Landschaft. Kein Vergleich zu den Alpen, hier ist alles rauer, wilder, ursprünglicher. Wir reihen Pass an Pass aneinander, machen Höhenmeter um Höhenmeter. Abends testen wir die Weinmacherqualitäten des jeweiligen Etappenorts und essen uns dazu einmal quer durch die Speisekarten des Hotels, in dem wir gerade übernachten. Überraschend häufig gibt es Poulet. Gebraten, gedünstet, gegrillt. Auf Reis, zusammen mit Muscheln, an Salat - und zum Glück manchmal auch tauschbar gegen Fisch oder Fleisch. Dann der letzte Tag. Und was als entspanntes Ausrollen gedacht war, wird zur härtesten Etappe der ganzen Reise. Weil es noch heißer ist als die Tage zuvor, weil wir am Abend vorher den Abschluss gefeiert haben, aber vor allem, weil sich zwischen uns und den Atlantik noch der Col de Bagargui gestellt hat – laut Reiseführer der härteste Pass der Pyrenäen. Und wer immer den Text geschrieben hat, geflunkert hat er nicht. Oft mit zwölf, vierzehn oder gar sechzehn Prozent geht es steil nach oben, kein Schatten weit und breit. Mit letzter Kraft schlagen wir den Geiern aber auch hier ein Schnippchen und rauschen ein paar Stunden später endlich am Strand in Biarritz ein. Duschen an der Strandbar, Räder verpacken und ab zum Bahnhof – der Nachtzug nach Frankfurt wartet schon.

Fazit: Hammer Tour, tolle Strecke, super Truppe. Und knapp 850 Kilometer und 20.000 Höhenmeter in sieben Tagen. Die GPS-Daten der einzelnen Etappen gibt es gerne auf Anfrage.